Wie Phönix aus der Asche - Die Eurasische Landbrücke von Florian Wieland / Bahn-Report 5-2003 Werfen Sie mal einen Blick in Ihre Turnschuhe. Es ist durchaus möglich, das Sie darin ein Label mit der Aufschrift „Made in China“ oder ein „Made in Korea“ entdecken. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die Schuhe einen weiten Weg hinter sich haben. Jedes Jahr werden enorme Mengen an Waren aus Fernost auf dem Seeweg nach Europa verschifft. Mit anhaltenden Zuwächsen. Eine Weltkarte macht jedoch deutlich, dass ein Schiff enorme Umwege in Kauf nehmen muss. Eine wesentliche Abkürzung und damit Alternative bietet hier die Eurasische Landbrücke. Info:
Trotz der erheblich kürzeren Wegstrecke der Transsib -etwas mehr als die Hälfte-, spielt diese im Ostasienverkehr noch immer eine untergeordnete Rolle. Bei einer theoretischen Kapazität von 200 000 TEU* hatte die Eurasien-Magistrale im Jahre 1981 ein Transportaufkommen von 140 000 TEUs, zehn Jahre später war es auf ein zehntel gefallen. 2001 rollten dann wieder 50 000 TEU über die Landbrücke, Tendenz steigend. (
* = Twentyfoot Equivalent (Container-) Unit) Die
Ursache für diesen Aufkommens-einbruch lag in den politischen Umbrüchen
dieser Zeit. Nach dem Zerfall der Sowjetunion war die russische Politik
durch Misstrauen und die Wirtschaft durch Instabilität geprägt. Marode
Infrastruktur verursachte Unpünktlichkeiten. Ladungsdiebstähle taten
ihr übriges. Der Weg durch den Zoll war nicht einfacher geworden und
mit Weißrussland stellte sich ein zusätzlicher Schlagbaum in die
Transportkette. Doch
Russland setzt große wirtschaftliche Hoffnungen in seine Eisenbahn.
Verbesserungen der Infrastruktur aber auch politische Weichenstellungen
sollen darum den potenziellen Devisenbringer Transsib wieder auf Kurs
bringen. So soll die Russische Eisenbahn als erstes großes Unternehmen
privatisiert werden und sich marktwirtschaftlich orientieren. Außerdem
wurde schon 1993 der Internationale Koordinationsrat für
Transsibirienverkehre (CCTST) gegründet, eine Interessengemeinschaft,
bestehend aus 86 Mitgliedern, darunter Vertretungen partizipierender
Eisenbahnen, Reedereien und Zollbehörden, zur besseren Koordinierung
des Transportablaufes. So konnte eine wesentliche Vereinfachung der
Zollformalitäten erreicht werden. Eine Senkung der Transportpreise
wurde ebenfalls erreicht. Die
Achillessehne in der Transportkette ist der Vorlauf auf See, der bei
Ladungen aus Japan oder Korea notwendig ist. Die Verschiffung eines
Containers vom Koreanischen Hafen Pusan nach Vostochnyi in Russland (36
Stunden) kostet zwischen 830 und 1100 Dollar. Für die selbe Summe kann
der Container bis nach Hamburg verschifft werden. Hinzu kommt noch die
geringe Frequenz, in der die Zubringer verkehren. Schiffe aus Japan
legen nur alle 15 Tage in Vostochnyi an. Zu selten, um den hohen Ansprüchen
der Kunden zu gerecht zu werden. Eine
Durchfahrerlaubnis für Nord-Korea würde die Probleme zumindest für
Korea-Transporte schlagartig lösen. Die direkte Schienenverbindung würde
den Transport sowohl wesentlich beschleunigen als auch günstiger
machen, in anbetracht der jüngsten politischen Ereignisse ist dies aber
eher unrealistisch. Es
gibt aber auch Erfolgsmeldungen. Der Netzwerk-Operateur
Intercontainer-Interfrigo (ICF) hatte im März 2001 vier 40 Fuß-Container
in Nagoya, einer Japanischen Hafenstadt, auf die Reise geschickt, um sie
22 Tage später in Duisburg wieder in Empfang zu nehmen. Die Behälter
waren dabei ausschließlich in Regelzügen unterwegs. Ein vergleichbarer
Schiffstransport hätte für die Strecke über 30 Tage benötigt. Im
Vorfeld legte ein Container-Ganzzeug der Russischen Bahn die 10.500 km
lange Strecke von Nachodka
(bei Wladiwostok im Osten) bis Brest (an der Weißrussisch/ Polnischen
Grenze) in demonstrativen 8 Tagen und 21 Stunden zurück. Die Fahrzeit
von Personenzügen über diese Strecke beträgt laut DBAG 173 Stunden
also ca. 7 Tage und 5 Stunden. Kürzere Transportzeiten rechtfertigen höhere Frachtraten und diese sind unvermeidbar denn über den Preis kann die Bahn dem Schiff keine Konkurrenz machen. Die größten Zeitvorteile hat der Überland-Transport, wenn Regionen weitab von den großen Überseehäfen liegen. So gehen über 90% der Transitgüter nach Finnland, welches mit Russland die Spurweite teilt. Durch eine weitere Beschleunigung der Transportkette kann der Marktanteil weiter ausgebaut und auf mittel- und osteuropa ausgedehnt werden. Die Transsib kann sich dann im Segment zwischen Flugzeug und Schiff positionieren und dort eine durchaus ernstzunehmende Größe werden. Die Strategen der russischen Regierung rechnen mit Größen von bis zu einem sechstel des gesamten Ostasienverkehr, der in Zukunft über die Transsibirische Eisenbahn nach Europa rollen könnte.
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